Michael Snyder

Auf San Franciscos Straßen herrschen Zustände wie in den Slums von Mumbai, Delhi, Mexiko-Stadt, Jakarta und Manila

Vor vielen Jahren lagen einige der schönsten Städte auf diesem Planeten an der amerikanischen Westküste. Doch inzwischen verkommen diese Städte direkt vor unseren Augen zu drogenverseuchten Sümpfen voller Müll und Dreck. San Francisco gilt als Epizentrum der Technologie-Branche und in Los Angeles wird mehr Unterhaltungsmaterial produziert als irgendwo sonst auf der Welt. Momentan sorgen diese beiden Städte allerdings aus ganz anderen Gründen für globale Schlagzeilen.

Aktuell lebt fast ein Viertel aller obdachlosen Amerikaner im Staat Kalifornien und mit jedem neuen Tag treffen weitere ein. Wer in den Straßen von San Francisco und Los Angeles unterwegs ist, kommt nicht umhin, die riesigen Freiluft-Drogenmärkte zu sehen, die gewaltigen Müllberge, die haufenweise weggeworfenen Nadeln und die scheinbar allgegenwärtigen menschlichen Exkremente. Wenn sich die Dinge schon so entwickeln, während die amerikanische Konjunktur noch vergleichsweise stabil ist, wie schlimm soll es dann erst werden, wenn die Wirtschaft den Bach runtergeht?

Seit 2017 ist die Zahl der Obdachlosen in San Francisco um 17 Prozent gestiegen und als eine Vertreterin der Vereinten Nationen kürzlich in den Straßen unterwegs war, hat sie das, was sie dort zu sehen bekam, zutiefst beunruhigt:

»Als Leilani Farha im Januar San Francisco einen Besuch abstattete, wusste sie um den traurigen Ruf, den die Obdachlosenlager der Stadt genießen. Farha, seit 4 Jahren Uno-Sonderberichterstatterin für das Recht auf Wohnen, hat Slums in Mumbai, Delhi, Mexiko-Stadt, Jakarta und Manila besichtigt. Die Krise in San Francisco sei in dieser Hinsicht vergleichbar, sagt sie.«

Ich war noch nie in Mumbai, Delhi, Mexiko-Stadt, Jakarta oder Manila, insofern muss ich mich einfach auf ihr Wort verlassen, was die Zustände dort angeht. Aber wie ist so etwas möglich in einer der reichsten Städte des gesamten Landes?

Leider hat sich San Francisco das zu weiten Teilen selbst angetan. Jeden Tag werden auf einer Art »Freiluftbasar« mitten in der Stadt offen Drogen gekauft und verkauft und die Behörden wissen darüber bestens Bescheid:

»Auf der Suche nach dem Epizentrum der Krise hat sich die New York Times kürzlich auf die Suche nach dem schmutzigsten Block in San Francisco gemacht. Nachdem sie Statistiker bat, eine Liste der Straßen zu erstellen, in denen sich die meisten Anwohner über den Zustand der Bürgersteige beschwert hatten, landete die Times einen Volltreffer: Der 300er-Block auf der Hyde Street. Hier gingen in den letzten 10 Jahren über 2200 Beschwerden ein.

Bei einem Besuch in diesem Straßenzug erlebt man ein erschütterndes Szenario von Drogenabhängigen und geistig kranken Anwohnern, von denen viele zur überwältigend großen Obdachlosen-Gemeinde der Stadt gehören. Tagsüber findet hier eine Art Freiluftbasar statt, auf dem Heroin, Crack und Amphetamine auf dem Bürgersteig angeboten werden.«

Wenn sie es wirklich wollte, könnte die Stadt den Drogenhandel stoppen.

Und überall dort, wo der illegale Drogenhandel blüht, nimmt auch die Zahl der Eigentumsdelikte zu. Aktuell hat keine Stadt in Amerika mehr Eigentumsdelikte zu verzeichnen als San Francisco:

»San Francisco ist landesweit führend bei den Eigentumsdelikten. Delikte wie Einbrüche, Brandstiftungen, Ladendiebstähle und Vandalismus sind unter diesem unschönen Oberbegriff versammelt. Besonders auffallend ist die Zahl der aufgebrochenen Autos: 2017 wurden mehr als 30 000 Fälle gemeldet und derzeit liegt der Durchschnitt bei 51 täglich. Andere, weniger schwere Vergehen wie Drogendiebstahl, Belästigung, unerlaubtes Lagern, unsittliches Entblößen, Trunkenheit in der Öffentlichkeit, einfache Körperverletzung und ungebührliches Benehmen sind weit verbreitet.«

Unterdessen ist die Situation in Los Angeles nicht viel besser. Vermutlich gibt es nicht wenige, die sagen würden, dass es in L.A. sogar noch schlimmer aussieht.

Die Zahl der Obdachlosen in der Stadt ist seit vergangenem Jahr um 16 Prozent gestiegen und die Obdachlosen übernehmen ein Viertel nach dem anderen. Los Angeles gehörte einmal zu den schönsten Städten der Welt, aber mittlerweile verwandelt sie sich rasch in ein Höllenloch:

»Wer vor einem halben Jahrhundert vorausgesagt hätte, dass eine Polizeiwache in Los Angeles oder sogar das Rathaus der Stadt regelmäßig durch Flohbefall von Typhus-Epidemien heimgesucht werden würde, den hätte man vermutlich für unzurechnungsfähig erklärt. Die Stadt, die uns das moderne Freeway-System bescherte, sollte schließlich nicht Justinians Konstantinopel aus dem 6. Jahrhundert ähneln. Dennoch macht Typhus – zusammen mit Ausbrüchen der ansteckenden Hepatitis A – derzeit Schlagzeilen auf Kaliforniens Straßen. Die Bürgersteige der großen Städte in Kalifornien sind übersät mit gebrauchten Nadeln, mit Exkrementen und Abfällen. Hygieniker warnen, dass Kommunalverwaltungen durch zu viel Nachsichtigkeit dafür sorgen, dass die Populationen von Geißeln der Menschheit wie Flöhen, Läusen und Ratten explodieren. Es droht ein Rückfall in dunkle mittelalterliche Zeiten inklusive Ausbrüchen von Pest oder Schlimmerem.«

Epizentrum des Obdachlosen-Problems in Los Angeles ist das Viertel Skid Row. Ich kann Ihnen nur dringend empfehlen, dort nicht hinzufahren, um sich ein eigenes Bild der Situation zu machen.

Es ist schwer fassbar, dass im Jahr 2019 tatsächlich noch Menschen in Amerika auf diese Weise leben. Hier die Schilderung eines Reporters bei seinem Besuch in diesem Viertel:

»Wenn Sie wissen wollen, wie schlimm die Obdachlosenkrise in Kalifornien geworden ist, sehen Sie sich einfach ein etwa 10 Quadratkilometer großes Gebiet in Downtown Los Angeles östlich der Main Street an. In diesem als Skid Row bekannten Viertel wohnen seit Langem die ärmsten Bewohner der Stadt. Was man dort heutzutage zu sehen bekommt, ähnelt sehr einem Albtraum.

Die Menschen schlafen in Zelten umgeben von weggeworfenen Nadeln und Exkrementen. Ihre Habseligkeiten haben sie in Müllbeuteln und Einkaufswagen verstaut. Einige sorgen mit Planen für etwas Schatten oder zapfen Strom aus nahegelegenen Straßenlaternen ab. Andere haben sich von den Ratten, die über den Bürgersteig huschen, mit Typhus angesteckt. Ein Einwohner wurde sogar dabei beobachtet, wie er in dem Wasser aus einem defekten Hydranten badete

Wenn nicht sehr gut aufpasst wird, wird sich der Rest des Landes ähnlich entwickeln. Schlechte Politik führt zu schlechten Ergebnissen und diese politische Führung führt schon seit sehr langer Zeit in die falsche Richtung. Aber anstatt sich mit den Wurzeln der Probleme zu befassen, scheinen die Politiker eher zu glauben, diese mithilfe bizarrer Sozialexperimente schon irgendwie lösen zu können.

Los Angelesʼ Bürgermeister Eric Garcetti beispielsweise ist davon überzeugt, man könne das Obdachlosenproblem aus der Welt schaffen, indem man in den Hintergärten von Privathäusern winzige Wohneinheiten errichtet:

»Im Rahmen dieser Mission betreibt die Stadt ein Pilotprogramm, das durch einen 1 Million Dollar schweren Zuschuss von Bloomberg Philanthropies ermöglicht wurde. Im Rahmen des Programms soll Hausbesitzern geholfen werden, auf ihren Grundstücken Wohneinheiten im hinteren Teil des Grundstücks zu installieren. Im Gegenzug für ein Stipendium in Höhe von 10 000 bis 30 000 Dollar könnten die Hausbesitzer die Wohneinheit gegen eine geringe Miete Obdachlosen überlassen. Diese würden die Miete durch Gutscheine oder ihre eigenen Einkünfte bezahlen. Die Stadt plant zudem eine Börse, über die Vermieter und Mieter zusammengebracht werden können.

»Unsere Obdachlosenkrise fordert von uns, kreativ zu werden«, sagte der Bürgermeister. Sollte sich das Hintergartenprojekt als Erfolg erweisen, könne die Idee überall übernommen werden.«

Wenn Sie also in Los Angeles leben, können Sie sich die Nadeln und die menschlichen Exkremente von der Skid Row schon bald in Ihren eigenen Garten holen.

Unterdessen fallen in Los Angeles Nacht für Nacht Obdachlose tot um. Die Zahlen verschlagen einem den Atem:

»Im Los Angeles County stirbt eine Rekordzahl Obdachloser. Allein vergangenes Jahr waren es 918 Menschen, die auf Bänken an Bushaltestellen, auf Hügeln, entlang der Gleise oder auf den Bürgersteigen dahinschieden.

Die Zahl der Toten ist in den vergangenen 5 Jahren um 76 Prozent gestiegen und hat damit stärker zugenommen als die Zahl der Menschen ohne festen Wohnsitz. Das ergab eine Analyse gerichtsmedizinischer Daten, die Kaiser Health News durchgeführt hat.«

Mit jedem neuen Jahr wird die Obdachlosenkrise schlimmer und schlimmer.

Unsere Gesellschaft zerbricht direkt vor unseren Augen. Wir alle können erkennen, was sich da zuträgt, und dennoch scheint unsere politische Führung völlig unfähig, etwas dagegen zu tun.

Wie wird das Land in wenigen Jahren aussehen, wenn sich diese Entwicklung ungebremst fortsetzt?

Freitag, 05.07.2019