Peter Orzechowski

Der geheime US-Plan gegen Venezuela

Nach der Wiederwahl von Nicolas Maduro zum Präsidenten von Venezuela haben die USA ihre Sanktionen verschärft. Argentinien, Kanada, Australien, Mexiko, Chile, die USA und die EU wollen die Wahl nicht anerkennen. Im Hintergrund allerdings läuft ein viel weitreichenderer Plan: die Übernahme des ölreichen Landes durch Putsch und Einmarsch.

Die argentinische Journalistin Stella Calloni hat auf der Website des Voltaire Netzwerks den geheimen Plan der US-Kommandozentrale für Südamerika (SouthCom) enthüllt, wie die Bolivarische Republik Venezuela gestürzt werden soll. Er nennt sich »Plan zur Beendigung der Diktatur von Venezuela« und sieht einen »Meisterschlag« vor.

Dieser »Masterstroke« soll eine Offensive im Inneren des Landes mit allen Medien und gewalttätigen Aktionen sein. Wenn es nicht gelingen sollte, Präsident Nicolás Maduro mit dieser Offensive zu stürzen, werde für die »Verteidigung der Demokratie« der Plan B ausgelöst, der mehrere Länder und eine »multilaterale Kraft« umfassen werde, um militärisch zu intervenieren. Das Dokument zählt auch die Verbündeten auf: Panama, Kolumbien, Brasilien, Guyana, Argentinien und »andere Freunde«.

Revolte im Inneren

Das Dokument – so Stella Calloni – umfasse elf Seiten und trage die Unterschrift des Admirals Kurt Walter Tidd, des aktuellen Oberbefehlshabers von SouthCom. Die Oppositionskräfte (»Verteidiger der Demokratie und des Wohls der Bevölkerung«), so heißt es in dem Dokument weiter – müssten »die populäre Unzufriedenheit durch die Erhöhung des Destabilisierungsprozesses und des Mangels an Versorgungsgütern fördern«. Sie sollten Präsident Nicolás Maduro »unter Druck setzen, verspotten und ihn als Symbol der Dummheit und Inkompetenz zeigen und ihn wie eine Marionette von Kuba darstellen«. Er müsse »als allein verantwortlich für die Krise, in die er die Nation gestürzt hat« dargestellt werden. Dazu sei es notwendig, innerhalb des Landes fabrizierte Nachrichten zu verbreiten, durch einheimische und ausländische Medien. Auch die sozialen Netzwerke sollten dabei genutzt werden. Ziel sei es, »in allen Medien die Notwendigkeit zu unterstreichen, dass der Situation ein Ende zu setzen ist, weil sie in ihrer Essenz untragbar ist«.

Kapitalflucht vorantreiben

Eine weitere Empfehlung des Generals: »die interne Instabilität bis zu kritischen Höhen zu treiben, indem man die Unterkapitalisierung des Landes, das Auslaufen von Devisen und den Verfall der lokalen Währung vorantreibt. So lassen sich weitere Inflationsmaßnahmen forcieren.« Ein weiteres Ziel ist, »alle Importe zu blockieren und gleichzeitig potenzielle ausländische Investoren abzuschrecken«. Der Plan fordert auch dazu auf, »an einheimische Verbündete und aus dem Ausland eingeschleuste Agenten zu appellieren, mit dem Ziel, Proteste, Störungen und Unsicherheit, Plünderungen, Raub, Diebstähle, Überfälle und Entführungen von Schiffen und anderen Transportmitteln zu provozieren, um die Grenzregionen zu destabilisieren und auch die nationale Sicherheit in den Nachbarländern zu stören«. Man solle auch »die Regierung mit dem Drogenhandel verbinden, um ihr Image sowohl im Inland als auch in der internationalen Öffentlichkeit zu schädigen«. Darüber hinaus solle man »einen Plan für den Abfluss der besten Fachkräfte ausarbeiten, um das Land seiner hochqualifizierten Experten zu berauben; das wird die innere Situation noch mehr verschlechtern, wofür man die Regierung dann beschuldigen kann.«

Militärische Einmischung

Die Offiziere der venezolanischen Armee sollen aufgestachelt werden, »einen Staatsstreich vor Ende des Jahres 2018 vorzubereiten, wenn diese Krise nicht genügt, um den Zusammenbruch der Diktatur zu verursachen, oder wenn der Diktator sich weigert abzutreten«.

Militärisch empfiehlt der Plan, die Spannung an der Grenze zu Kolumbien solle angeheizt, der Schmuggel von Benzin und anderen Waren angekurbelt, die Aktivitäten der paramilitärischen Gruppen gefördert und damit bewaffnete Zwischenfälle mit venezolanischen Grenzposten provoziert werden. In den Flüchtlingslagern (mit kolumbianischen Staatsangehörigen) von Cúcuta, La Guajira und im Norden der Provinz Santander sollen paramilitärische Gruppen Unruhe stiften. Konkrete Schritte müssten eingeleitet werden, um »Unterstützung und Zusammenarbeit der alliierten Behörden der befreundeten Länder (Brasilien, Argentinien, Kolumbien, Panama und Guyana) zu erhalten; die Versorgung der Truppen, logistische und medizinische Unterstützung von Panama aus zu organisieren; Krankenhäuser und deren Einrichtungen im Darién (im Dschungel Panamas) zu nutzen; des Weiteren die Flughäfen, die für den Colombian Plan entwickelt wurde; die Landebahnen der ehemaligen Militärbasen Howard und Albrook (Panama) sowie den Flugplatz von »Rio Hato«; auch das Humanitäre Regionalzentrum der Vereinten Nationen, das über ein eigenes Rollfeld und eine Lagerhalle verfügt und das für Katastrophen und humanitäre Notlagen ausgelegt ist.«

Unter internationaler Flagge

Das Dokument lässt keinen Zweifel daran, dass es sich um eine Intervention handelt, denn es spricht von »Stationierungen von Flugzeugen und Kampfhubschraubern, gepanzerten Fahrzeugen, geheimdienstlichen Posten und militärischen Spezialeinheiten für Logistik (Polizei, Militärstaatsanwälte und Gefängnisse)«. Die Militäroperation solle unter internationaler Flagge laufen, »mit der Zustimmung der Konferenz der Amerikanischen Streitkräfte und unter dem Schutz der OAS« (Organisation Amerikanischer Staaten). Brasilien, Argentinien, Kolumbien und Panama sollten ihre geografische Nähe nutzen und ihre Erfahrungen mit Operationen in bewaldeten Gebieten und im Dschungel einbringen. Kampfeinheiten der Vereinigten Staaten würden ebenfalls teilnehmen und die Leitung des gemeinsamen Generalstabes übernehmen.

Konkret sieht der Plan (im Wortlaut) vor:

  • die Einrichtungen des Landes Panama für die Nachhut und die Anlagen von Argentinien zur Sicherung der Häfen und der maritimen Positionen zu verwenden;
  • auf Brasilien und Guyana einzuwirken, um die Migrationsbewegungen zu nutzen, die wir an der Grenze zu Guyana fördern wollen;
  • die Unterstützung von Kolumbien, Brasilien, Guyana, Aruba, Curaçao, Trinidad und Tobago und von anderen Staaten zu koordinieren, angesichts des Zustroms von venezolanischen Migranten, der durch die Fortschritte der Krise verursacht wurde;
  • die internationale Beteiligung an der multilateralen Operation von Staaten, Nichtregierungsorganisationen und internationalen Organisationen in Sachen Logistik und Geheimdienst.

In einem der letzten Absätze des Dokuments spricht der General davon, dass »alle Möglichkeiten der psychologischen Kriegsführung der Armee der Vereinigten Staaten umgesetzt werden«. Man müsse die »Diktatur Maduros« anstacheln, gewaltsame Mittel einzusetzen, um die internationale Unterstützung für das Vorgehen gegen die venezolanische Regierung zu bekommen. Das wirkliche Ziel dieser ganzen Aktion freilich ist, den wichtigsten Öllieferanten der beiden Amerikas wieder auf die Seite des Imperiums zu ziehen.

Das hatte schon der ehemalige US-Präsident Barack Obama erkannt und am 9. März 2015 ein Dekret erlassen, das in der bürgerkriegsähnlichen Situation in Venezuela eine Bedrohung der USA sah. Im Unterschied zum Syrian Accountability Act von George W. Bush (2003) handelt es sich bei Obamas Text zu Venezuela um ein Präsidentendekret und nicht um ein Gesetz.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei Kopp Exklusiv.
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