Torsten Groß

Finanztransaktionssteuer: Bundesregierung torpediert private Altersvorsorge

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Nun soll sie also kommen: Diversen Berichten zufolge hat Bundesfinanzminister Olaf Scholz (61, SPD) seinen Ministerkollegen in der EU den finalen Gesetzesentwurf für die Einführung einer grenzüberschreitenden Finanztransaktionssteuer (FTS) zugesandt. Die FTS wird bereits seit vielen Jahren in der EU diskutiert. Anlass war die Finanzkrise von 2008. Damals mussten in Schieflage geratene Banken mit Steuergeldern in Milliardenhöhe vor dem Zusammenbruch gerettet werden. Die Politik versprach, mit Hilfe einer Umsatzsteuer auf Finanzgeschäfte Banken und Börsen an der Finanzierung der entstandenen Staatsschulden zu beteiligen und den Handel mit risikoreichen Finanzprodukten einzudämmen, um künftigen Turbulenzen an den Kapitalmärkten vorzubeugen. Von der ursprünglichen Intention ist allerdings wenig geblieben.

Nach den Plänen von Scholz soll ab 2021 beim Handel mit Aktien großer Unternehmen, die einen Börsenwert von mehr als einer Milliarde Euro haben, eine Transaktionssteuer in Höhe von 0,2 Prozent erhoben werden. Davon betroffen wären in Deutschland die Anteilsscheine von 145 Unternehmen. In allen zehn Teilnehmerstaaten zusammengenommen – neben Deutschland sind das Belgien, Frankreich, Griechenland, Italien, Österreich, Portugal Slowenien und die Slowakei – rund 500 Unternehmen. Wer also für 10.000 Euro Aktien eines DAX-Konzerns erwirbt, der müsste bei An- und Verkauf jeweils 20 Euro an Steuern entrichten – zusätzlich zur Ordergebühr und Kosten für das Wertpapierdepot. Außen vor sollen dagegen Finanzprodukte wie Optionsscheine, Hebelzertikfikate, Futures und Credit Default Swaps bleiben, ebenso der Hochfrequenzhandel.

Ausgerechnet diese besonders risikanten Geschäfte, die 90 Prozent aller Transaktionen an den Börsen ausmachen und als eigentlicher Verursacher der Finanzkrise von 2008 gelten, werden also von der FTS gar nicht erfasst. Die Beschränkung auf Aktien ist eine Konzession an Frankreich, dessen Banken stark im Handel mit Derivaten engagiert sind.

Eine allumfassende Börsenumsatzsteuer wird deshalb von der französischen Regierung abgelehnt, die den Finanzplatz Paris in Gefahr sieht. Auch Anleihen, Schuldverschreibungen also, mit denen vor allem die Staaten Ihre Ausgaben finanzieren, sollen nicht der FTS unterworfen werden. Der Grund liegt auf der Hand!

Die Leidtragenden dieses faulen Kompromisses sind vor allem die hierzulande rund 10 Millionen Kleinanleger, die ihr Geld im Zeitalter der Null- und Negativzinsen vermehrt in Aktien und Fonds investieren, um Vermögen aufzubauen und privat für ihr Alter vorzusorgen. Sie tun damit genau das, was Finanzexperten und Verbraucherorganisationen seit unzähligen Jahren gebetsmühlenhaft empfehlen. Doch anstatt diese Entwicklung zu fördern, schmälert der rote Bundesfinanzminister mit immer neuen Belastungen die Rendite des Aktiensparens, wobei die angedachte FTS nur eine von vielen Grausamkeiten ist: Der Solidaritätszuschlag wird für Kapitaleinkünfte oberhalb des Sparerfreibetrags auch nach 2020 erhalten bleiben, unabhängig vom Einkommen des Steuerpflichtigen. So hat es der Deutsche Bundestag auf Drängen der SPD im November beschlossen. Außerdem ist geplant, die steuerliche Abzugsfähigkeit von Aktiengeschäften, die wegen Insolvenz des Unternehmens mit einem Totalverlust enden, einzuschränken. Bereits mehrfach hat Scholz überdies seine Absicht bekundet, die pauschale Abgeltungssteuer von 25 Prozent abzuschaffen und Kapitalerträge durch den im Regelfall höheren individuellen Einkommensteuersatz zu belasten. Und nun auch noch die Finanztransaktionssteuer, wobei Insider davon ausgehen, dass der vorgesehene Steuersatz von 0,2 Prozent schon bald auf zwei bis vier Prozent angehoben werden könnte, wenn die neue Abgabe erst einmal eingeführt wurde.

Dabei hat gerade die öffentliche Hand in ganz erheblichem Maße von der Niedrigzinspolitik der EZB profitiert. Seit 2010 musste der Staat 360 Milliarden weniger für seinen Schuldendienst ausgeben als das bei normaler Zinshöhe der Fall gewesen wäre. Im gleichen Zeitraum hatten die privaten Haushalte Brutto-Zinseinbußen von etwa 680 Millionen Euro zu verkraften. Selbst wenn man die ebenfalls gesunkenen Zinsen für Kreditnehmer gegenrechnet, bleibt unter dem Strich ein Verlust von etwa 380 Milliarden Euro.

Die Niedrigzinsen treffen aber nicht nur Spareinlagen, sondern auch private Lebens- und Rentenversicherungen sowie die Pensionskassen der betrieblichen Altersversorgung, die ihre sog. Garantiezinsen immer weiter senken bzw. Leistungen für ihre Mitglieder kürzen müssen.

Es wäre es längst an der Zeit, dass der Staat zumindest einen Teil der zinsbedingten Einsparungen an die Bürger zurückgibt, um einen gewissen Ausgleich zu schaffen. Doch die Bundesregierung denkt gar nicht daran. Lieber rühmt man sich der »schwarzen Null« im Haushalt und denkt sich immer neue Steuern und Abgaben aus, um die Mittelschicht zu schröpfen.

Von einer Eindämmung der Spekulation für mehr Stabilität an den Finanzmärkten, dem originären Zweck der Finanztransaktionssteuer also, ist dagegen keine Rede mehr. Die Politik richtet ihren Blick vielmehr auf die Einnahmen aus der FTS, die allein für Deutschland auf 1,5 Milliarden Euro im Jahr beziffert werden. Dieses Geld soll größtenteils in die Finanzierung der Grundrente fließen, die von der GroKo im November beschlossen wurde.

Man muss sich das einmal vorstellen: Um die umstrittene Mindestrente für Geringverdiener zu finanzieren, wird die angesichts der demographischen Schieflage dringend notwendige private Altersvorsorge torpediert und so das Risiko künftiger Altersarmut auch im Mittelstand erhöht.

Doch nicht nur das: Die FTS verteuert die von vielen Unternehmen aufgelegten Aktienprogramme für ihre Mitarbeiter sowie die Bereitstellung von privatem Kapital über die Börse, das Wachstum und Arbeitsplätze schafft. Derweil geht die Zockerei mit hochriskanten Finanzinstrumenten munter weiter. Die Spekulation könnte durch die FTS sogar noch angeheizt werden, dann nämlich, wenn auch Kleinanleger vermehrt auf Derivate, synthetisch replizierte Indexfonds (ETF) und ähnliche Produkte umsteigen, um der neuen Steuer zu entgehen. Diese Entwicklung könnte am Ende Auslöser einer neuen und sehr viel größeren Finanzkrise sein.

131148_Tolle_Kalender2020Jürgen Kurz, Sprecher der deutschen Vereinigung für Wertpapierbesitz, bringt es auf den Punkt, wenn er meint, dass »aus der Steuer, die nach der Finanzkrise eigentlich zur Begrenzung spekulativer Auswüchse geplant wurde, eine simple Aktienumsatzsteuer« und aus einem guten ordnungspolitischen Ansatz »eine Cashcow des Staates zulasten der Privatanleger« geworden sei.

Die mittel- bis langfristigen Folgen der verfehlten Finanzpolitik von Olaf Scholz werden verheerend sein. Aber was will man schon von einem Sozialdemokraten erwarten, der in Interviews öffentlich bekundet, dass sein Geld auf dem Girokonto liege, wo es keine Zinsen abwerfe. Mit einem Bruttoeinkommen von 20.000 Euro im Monat und einer mehr als üppigen Pension, alles finanziert vom willfährigen Steuerzahler, muss sich Bundesminister Scholz ja auch keine Sorgen um sein Auskommen im Alter machen.

Für die breite Masse der Bevölkerung stellt sich die finanzielle Zukunft dagegen sehr viel weniger rosig dar!

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Mittwoch, 11.12.2019