Stefan Schubert

Gewalt gegen Rettungskräfte:
Mit Blaulicht in den Hinterhalt

Angriffe auf Rettungskräfte und Großeinsätze der Polizei in Parkanlagen kannte man bisher eher aus dem verrohten Berlin als aus der bayerischen Vorzeigemetropole. Doch aus dem Englischen Garten in München häufen sich in jüngster Zeit alarmierende Meldungen.

»Berlin brennt« – nicht nur tatsächlich, sondern auch im übertragenen Sinn. So tauften Berliner Feuerwehrangehörige nämlich eine Protestaktion, die auf ihren personellen Notstand hinweisen soll, der längst zum Normallfall geworden ist. Jeden Tag schrillen in den Berliner Notrufzentralen rund 3000 Mal die Telefone. Der Notruf 112 wird in Berlin mehr als eine Million Mal pro Jahr angerufen. Dies sind rund 100 Anrufe pro Stunde. Die Belastungen der 60 Telefonleitungen sind so extrem, dass Anrufer der Notrufnummer immer öfter und immer länger in der Warteschleife festhängen. Eine interne Auswertung aus 2014 belegt, dass 176 000 von insgesamt 1 054 000 Anrufern genervt auflegten, bevor die Leitstelle in der Lage war, ihren Notruf entgegenzunehmen.

Notruf wegen Fußnägeln

Der Grund dieser Masse an Notrufen liegt nicht allein an den sich stetig verschlechternden Zuständen in der Hauptstadt, sondern auch an der gewachsenen Anspruchshaltung der Bürger. So ist es für immer mehr Berliner vollkommen normal, den Notruf 112 wegen »eingewachsener Fußnägel«, eines tropfenden Wasserhahns, Bauchweh oder eines eingerissenen Fingernagels zu blockieren, während der Herzinfarktpatient in der Warteschleife festhängt.

Nur aus jedem zweiten Anruf ergibt sich ein Einsatz der Feuerwehr, der sich dann vor Ort auch immer häufiger als »Fehleinsatz« herausstellt. Im Jahr 2016 berichtete der Berliner Rettungsdienst über rund 53 000 Fehleinsätze; das bedeutet einen starken Anstieg von 25 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der personelle Notstand in Berlin führt zu Frust und einer Überlastung, die sich nicht zuletzt in einem hohen Krankenstand widerspiegelt. Dazu gesellt sich das neue Dienstplanmodell, das nach Aussagen der Ehefrau eines Feuerwehrmannes ganze sechs gemeinsame Familienwochenenden pro Jahr vorsieht.

In München mehren sich seit einigen Wochen die Hinweise auf eine »Berlinisierung« der Zustände. In der Hauptstadt haben sich die Parkanlagen der Stadt – einstmals Naherholungsgebiete der Bevölkerung – längst zu No-go-Areas entwickelt. Natürlich kann man diese Parks, wie den Görlitzer Park oder den Tiergarten, durchaus noch durchqueren, doch die Gefahr, dort Opfer einer Straftat zu werden, ist dort immens groß. Schwarzafrikanische Dealerbanden, nordafrikanische Räuber und Schläger, afghanische Stricher und Heroinsüchtige, die sich in den Büschen das Gift in die Adern spritzen, haben die Parkanlagen längst als ihr Territorium reklamiert.

»Berlinisierung« Münchens beginnt

Seit Beginn des Frühjahrs gewinnt die Sonne wieder Oberhand, die Temperaturen steigen und die Bürger zieht es in Massen in die Parkanlagen der Stadt. Im Englischen Garten in München war man von Berliner Verhältnissen bisher weitestgehend verschont geblieben, wenn man von der fortschreitenden Vermüllung und »Einzelfällen« einmal absieht. Doch innerhalb von nur zwei Wochen mussten dort kürzlich Polizeikräfte der Einsatzhundertschaft eingesetzt werden, die von der Reiterstaffel und Hundeführern unterstützt wurden. Der Monopteros, ein Rundtempel im griechischen Stil, liegt auf einer Anhöhe, von der man den südlichen Teil des Englischen Gartens und die Skyline der Münchner Innenstadt wunderschön übersehen kann. Und genau diesen zentralen Anlaufpunkt, der bei den Jugendlichen »Mono-Wiese« heißt, nutzen bis zu 1000 Jugendliche aus den Problemvierteln der Stadt, um sich zusammenzurotten. Aus diesem Mob heraus werden dann gezielt Feuerwehrleute, Rettungsdienste und Polizisten mit fingierten Notrufen angelockt, um diese dann aus der anonymen Masse heraus anzupöbeln, zu beleidigen und zu attackieren.

Über Facebook organisiert

Der Mob organisiert sich in der Regel über Facebook und Messengerdienste wie WhatsApp und ist dadurch in der Lage, sich in kürzester Zeit zusammenzurotten. Lokale Medien wie der Münchner Merkur oder die Süddeutsche berichten relativ ausführlich, jedoch finden sich in den dortigen Artikeln keinerlei Hinweise auf die Zusammensetzung des Mobs. Für die Redaktionen wäre das wohl »politisch unkorrekt«. Es bedurfte eines Kommentars vom Chefredakteur des Merkurs, Georg Anastasiadis, damit der Leser sich die brisanten Informationen selbst zusammenreimen konnte: »Ein Mob von Halbstarken aus den Münchner Problemvierteln rottet sich … gezielt zusammen«, »hormongesteuerte junge Männer unter Alkoholeinfluss«, »Imponiergehabe«, »Einwandererkinder aus der dritten und vierten Generation«, polizeibekannte »50 bis 60 Rädelsführer«, »staatlicher Autoritätsverlust« und eine »vernachlässigte Integration« – stand dort zu lesen.

Der Mob ist außer Rand und Band

Diese Berichte hören sich für viele Menschen ziemlich nach Berlin an, doch auch in München scheinen die Gangs aus den Problemvierteln jetzt außer Kontrolle zu geraten. Ein Münchner Feuerwehrmann berichtet über seinen Einsatz um 22 Uhr am Monopteros. Der abgegebene Notruf über eine vermeintliche Reanimation stellte sich als fingierter Anruf heraus. Zufällig stießen die Rettungskräfte aber auf eine junge Frau mit einer Alkoholvergiftung. Die Frau wurde versorgt und sollte in ein Krankenhaus gebracht werden. Doch plötzlich eskalierte die Situation. Die Masse umringte den Krankenwagen und rüttelte an dem Fahrzeug, zudem beleidigten sie die Feuerwehrleute und schubsten sie. Als aus dem Mob heraus Glasflaschen geschleudert wurden, griff die Polizei ein. Diese benötigte jedoch 100 Beamte, um die Lage wieder zu beruhigen. Bereits eine Woche zuvor war die Polizei mit einem fingierten Notruf über eine Massenschlägerei in eine Falle gelockt worden. Der Notruf wurde um 21.35 Uhr abgegeben. Als die ersten Polizeieinheiten eintrafen, fanden sie keine Massenschlägerei vor, jedoch einen aggressiven Mob von 800 jungen Erwachsenen, welche die Polizisten sogleich mit Glasflaschen attackierten. Es folgte ein Schlagstockeinsatz gegen den Mob, hunderte Platzverweise und eine Räumung des Englischen Gartens. Der harte Kern aus bis zu 200 Personen weigerte sich jedoch weiterhin, jeglichen polizeilichen Anweisungen Folge zu leisten. Es folgten weitere Beleidigungen und Attacken auf die Polizisten und ein weiterer Schlagstockeinsatz. Rund 100 Beamte, darunter auch zwei Hundeführer, mussten eingesetzt werden.

Droht ein Sommer der Gewalt?

Der Modus Operandi, mit fingierten Notrufen Rettungskräfte und Polizisten in Hinterhalte zu locken und diese dann anzugreifen, wird seit Langem in Pariser Vororten angewandt, die sich längst in wahre Kriegszonen verwandelt haben. Sollte sich dieses Vorgehen bald nach Berlin und von dort aus in ganz Deutschland ausbreiten, steht uns ein gewalttätiger Sommer 2018 bevor.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei Kopp Exklusiv.
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