Torsten Groß

Nach dem Landtagswahldebakel: Kanzlerkandidat Markus Söder?

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Nach den verheerenden Wahlniederlagen der Schwesterpartei CDU in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz zum Auftakt des »Superwahljahres« 2021 schrillen bei der bayerischen CSU die Alarmglocken. Man befürchtet, dass die Ergebnisse vom Sonntag einen politischen Dammbruch in ganz Deutschland auslösen könnten, an dessen Ende eine neue Bundesregierung ohne Beteiligung der Unionsparteien steht. »Die Gefahr eines Linksrutsches nach der Bundestagswahl ist nicht gebannt«, twitterte CSU-Generalsekretär Markus Blume nach Bekanntwerden des desaströsen CDU-Ergebnisses am Sonntag. Die Grünen müssten klären, ob sie bürgerlich oder links seien. Die FDP, die wegen ihres guten Abschneidens in Baden-Württemberg – wie schon in Rheinland-Pfalz – künftig auch im »Ländle« als Teil einer Ampel-Koalition mitregieren könnte, forderte Blume indirekt auf, sich nicht zum Steigbügelhalter für Rot-Grün zu machen.

Dass ausgerechnet ein CSU-Spitzenfunktionär an die Liberalen appelliert, auf Regierungsbündnisse mit linken Parteien zu verzichten, erscheint allerdings wenig glaubwürdig. Ist es nicht Blumes Parteichef Markus Söder, der schon seit Monaten für eine Bundesregierung aus Union und linken Grünen nach der Wahl im Herbst trommelt? Und war es nicht eben dieser Söder, der einer Beteiligung der FDP an einer schwarz-grünen Koalition, also einem Jamaika-Bündnis, erst vor kurzem eine klare Absage erteilte? O-Ton des amtierenden bayerischen Ministerpräsidenten:

»Weniger Partner machen eine Regierung stabiler als viele. Mehr Köche machen den Brei nicht unbedingt genießbarer.«

Nur wenige Wochen später kommt nun CSU-General Blume unter dem Eindruck einer krachenden Wahlniederlage um die Ecke und mahnt die Freien Demokraten mit moralisch erhobenem Zeigefinger, sich ja nicht auf Kooperationen mit linken Parteien einzulassen.

Was die Grünen betrifft: Die waren nie eine bürgerliche, sondern immer eine dezidiert linke, um nicht zu sagen, öko-sozialistische Partei, auch wenn die links-grün dominierten Mainstream-Medien dem Publikum ein anderes Bild vermitteln wollen. Dass die Grünen in Baden-Württemberg am vergangenen Sonntag mit 32,6 Prozent ihr mit Abstand stärkstes Ergebnis bei einer Landtagswahl einfahren konnten, haben sie vor allem ihrem Ministerpräsidenten und Spitzenkandidaten Winfried Kretschmann zu verdanken. Der versteht es schon seit Jahren, sich den Wählern als bodenständiger, konservativer Landesvater zu verkaufen, der mit den Grünen und ihren Zielen eigentlich nichts zu tun hat. Dieses sorgsam gepflegte Narrativ erklärt die hohe Popularität von Kretschmann im vormals tiefschwarzen CDU-Stammland Baden-Württemberg, in dem auch die längst in Vergessenheit geratenen rechten Republikaner einst ihre größten Erfolge feierten. Gerne übersehen wird aber, dass Kretschmann derselben Partei angehört wie Linkradikale vom Schlage eines Anton Hofreiter, einer Claudia Roth oder des Ex-KB-Aktivisten Jürgen Trittin!

Doch auch die CSU hat dazu beigetragen, die Grünen in bürgerlichen Kreisen hoffähig zu machen. Und wieder ist es Parteichef Markus Söder, der hier eine besonders unrühmliche Rolle spielt. Söder wirbt wie beschrieben schon seit geraumer Zeit für eine schwarz-grüne Regierung im Bund und entblödet sich nicht, den Ökoradikalen immer wieder medienwirksam den Bauch zu pinseln. Die Grünen hätten sich in der Corona-Krise als ein verlässlicherer Partner erwiesen als viele andere Parteien, lobte Söder unlängst im Interview mit dem linken Nachrichtenmagazin Stern. Auf eine mögliche Koalition nach der Bundestagswahl angesprochen meinte der mögliche Unions-Kanzlerkandidat: »Es wäre ein spannendes Zukunftsteam, das Inspiration bieten könnte, weil es die ganz große Frage unserer Zeit in den Blick nimmt: die Versöhnung von Ökonomie und Ökologie.«

»Zentrale Herausforderung einer neuen Bundesregierung sei die Erderwärmung«, sagt Söder mitten in der Corona-Pandemie. Und weiter: »Ich bin der festen Überzeugung, dass wir beim Klimaschutz noch mehr tun müssen.« Damit weiß sich der 54-jährige Karrierepolitiker aus Franken auf einer Linie mit den Grünen. Bereits 2019 hatte Söder dafür plädiert, den Klimaschutz ins Grundgesetz aufzunehmen. Auch mit diesem Ansinnen rennt er bei Habeck & Co. offene Türen ein.

Viele Experten sehen Söder als den heimlichen Gewinner der bürgerlichen Wahlschlappe in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Denn die ist vor allem ein Schlag ins Kontor des CDU-Vorsitzenden Armin Laschet, der seine erste große Bewährungsprobe als neuer Parteichef gründlich versemmelt hat. Die schon zuvor nicht besonders hohe Popularität Laschets im Wahlvolk ist nach dem Desaster vom Sonntag noch einmal deutlich gesunken. Doch nicht nur das: Auch die Anhänger seine eigenen Partei sehen in dem 60-jährigen Politiker keinen geeigneten Nachfolger der scheidenden Regierungschefin Angela Merkel.

In dieser Gemengelage scheint klar zu sein, wie der Kanzlerkandidat der Union für die Bundestagswahl 2021 heißen wird: Markus Söder. Das meinen zumindest Beobachter. Doch so einfach ist die Sache nicht. Es stellt sich nämlich die Frage, ob Söder überhaupt (noch) als Spitzenkandidat antreten will. Denn nach dem Debakel vom Sonntag befinden sich nicht nur die Zustimmungswerte für Armin Laschet im freien Fall, sondern auch die seiner Partei.

Einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa zufolge ist die Union in der Wählergunst mittlerweile unter die magische 30-Prozent-Schwelle gerutscht und kommt nur noch auf 29 Prozent, was vor allem der Schwäche der CDU geschuldet ist.

Zur Erinnerung: Mitte letzten Jahres, als Kanzlerin Merkel noch den Corona-Bonus genoss, näherte sich die Christparteien bei Demoskopen dem Spitzenwert von 40 Prozent an. Doch das ist Geschichte. Das immer offensichtlicher werdende Missmanagement der Bundesregierung bei der Bekämpfung der Pandemie belastet die Union in zunehmendem Maße.

Die sogenannte Masken-Affäre, also die Selbstbereicherung einiger Unions-Bundestagsabgeordneter in der Krise, tut ein Übriges. Wahrscheinlich wären die ohnehin katastrophalen CDU-Ergebnisse bei den Landtagswahlen am Wochenende noch schlechter ausgefallen, hätten nicht zahlreiche Bürger von der Briefwahl Gebrauch gemacht und ihre Stimme abgegeben, bevor der Skandal öffentlich wurde.

Die Viruskrise ist auch noch nicht vorbei, sondern hält die Bevölkerung weiter in Atem. Das Impf-Desaster und die zunehmende Verbreitung neuer hochansteckender Virus-Varianten könnten sogar zu einem weiteren Lockdown in Deutschland führen, den Epidemiologen und Intensivmediziner bereits jetzt vehement fordern. Das Thema Corona wird die öffentliche Debatte unabhängig vom Fortgang der Pandemie in den kommenden Monaten weiter beherrschen und sicherlich nicht bis zur Bundestagswahl im Herbst beendet sein. Es ist zweifelhaft, ob Söder, der über einen starken Machtinstinkt verfügt, tatsächlich bereit sein wird, in dieser Konstellation seinen Hut in den Ring zu werfen und damit Gefahr zu laufen, als Kanzlerkandidat ein historisch schlechtes Unionsergebnis einzufahren, was letztlich auch seine Position als bayerischer Ministerpräsident und CSU-Parteichef schwächen würde. Anstatt sich als Kapitän auf die Brücke eines sinkenden Schiffes zu stellen, wäre es aus seiner Sicht klüger, Laschet den Vortritt zu lassen – wohl wissend, dass der scheitern dürfte. Und in vier Jahren werden die Karten dann neu gemischt.

Im Übrigen müssen sich die Strategen von CDU und CSU fragen, ob es wirklich eine gute Idee ist, mit Markus Söder einen Politiker zum Spitzenkandidaten der Union zu küren, der schon seit Monaten auf der grünen Schleimspur unterwegs ist und nicht in der Lage zu sein scheint, eine inhaltliche »Brandmauer« zur Ökopartei zu ziehen, wie sie richtigerweise CSU-Landesgruppenchef Dobrindt fordert. Denn die Erfahrung lehrt: Der Wähler entscheidet sich im Zweifel für das Original und nicht für die Kopie!

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Mittwoch, 17.03.2021