Birgit Stöger

Tafeln sollen Merkels
Flüchtlingschaos bewältigen

In Deutschland gibt es dem Dachverband der Tafeln zufolge 934 Tafeln mit mehr als 2100 Tafelläden und Ausgabestellen, die nicht mehr im Wirtschaftskreislauf verwendete Lebensmittel an Bedürftige verteilen. Dieses ausschließlich privatgesellschaftliche Engagement ist in Deutschland im Jahr 2018 notwendig, obwohl in die Kassen des deutschen Fiskus letztes Jahr 38,4 Milliarden Euro mehr an Steuern flossen als im Vorjahr.

Eine dieser 934 deutschlandweit durch Freiwillige betriebenen Tafeln ist diejenige in Essen. Seit 1995 verteilt der aus dem kirchlichen Umfeld entstandene Verein mit 120 Ehrenamtlichen Woche für Woche Essen an Bedürftige und versorgt zudem noch karitative Einrichtungen. Jörg Sartor, Chef der Essener Tafel – die zu den ältesten Deutschlands zählt –, teilte Ende 2017 als vorübergehende Maßnahme mit: »Bis auf Weiteres treten folgende zusätzliche Aufnahmekriterien in Kraft: Da aufgrund der Flüchtlingszunahme in den letzten Jahren der Anteil ausländischer Mitbürger bei unseren Kunden auf 75 Prozent angestiegen ist, sehen wir uns gezwungen, um eine vernünftige Integration zu gewährleisten, zurzeit nur Kunden mit deutschem Personalausweis aufzunehmen. « Die Essener Tafel gibt insgesamt 1800 Nutzerkarten aus, die nicht nur von Einzelpersonen, sondern auch von Familien verwendet werden. 61 Prozent der Karteninhaber seien zuletzt Nichtdeutsche gewesen, das entspricht dem bereits erwähnten Anteil von 75 Prozent aller 6000 Nutzer. Vor der »Asylkrise« 2015 habe der Anteil nichtdeutscher Kunden bei 35 Prozent gelegen, so Sartor. »Unter ihnen viele, die schon seit Jahrzehnten hier leben und nur keinen deutschen Pass haben.« Den ehrenamtlichen Mitarbeitern war aufgefallen, dass mit steigendem Migrantenanteil ab 2015 bei ihren Kunden eine massive Verdrängung von Senioren, Kranken und alleinerziehenden Müttern stattfand. Überwiegend junge, mehrheitlich muslimische Männer, meist in Gruppen auftretend, stellten sich nicht in die langen Reihen – an Aufnahmetagen warten bis zu 120 Menschen vor der Tür –, sondern drängten die Wartenden beiseite, um ganz nach vorn zu kommen. Ihr aggressives Verhalten führte dazu, dass es einige Schwächere nicht mehr wagten, zur Tafel zu gehen. »Wenn wir morgens die Tür aufgeschlossen haben, gab es Geschubse und Gedrängel ohne Rücksicht auf die Oma in der Schlange«, heißt es. Gleichzeitig haben Sartor und seine Mitarbeiter einen »mangelnden Respekt gegenüber Frauen« beobachtet. Unter den Syrern und Russlanddeutschen gebe es »ein Nehmer-Gen«, so Sartor gegenüber dem um politische Korrektheit bemühten Spiegel.

Inszenierter Empörungssturm

Die angekündigte Maßnahme des Essener Tafel-Chefs trat am 10. Januar in Kraft. Kurze Zeit später griff eine Lokalzeitung das Thema auf – und seither wird dem Beobachter ein Schauspiel der besonders perfiden Art aus den Reihen der medialen und politischen Akteure geboten. Über die Essener Tafel und deren Verantwortlichen brauste ein gezielt inszenierter Empörungssturm hinweg. In den Mainstream-Stuben wurde bewusst der Eindruck erzeugt, Migranten würden bei der Essener Tafel von der Essensausgabe ausgeschlossen. Gezielt wurde der »Rassismusverdacht« geschürt, indem Headlines wie: »Hilfe nur noch für Deutsche« (Stuttgarter Nachrichten) oder »Tafel verweigert Flüchtlingen Unterstützung« (Focus Online) in die Öffentlichkeit entlassen wurden. Der Spiegel hyperventilierte geradezu, und der Salonsozialist Jakob Augstein fragte in seiner Spiegel-Kolumne: »Man weiß nicht, was skandalöser ist: Dass der Hunger von Deutschen wichtiger ist als der von Ausländern? Dass die Ärmsten der Armen in einen Konkurrenzkampf untereinander gedrängt werden?« Jörg Sartor konterte anfänglich noch und versuchte, gegen die stellenweise diffamierenden Anfeindungen anzugehen. Die Debatte nannte er »scheinheilig« und argumentierte, dass die Tafeln eine »Zusatzversorgung, aber keine Grundversorgung« sei. Auch sei es nicht Aufgabe der Tafel, die Flüchtlingskrise zu meistern. Dafür sei sie nicht gegründet worden. All diese Argumente – und einige mehr – halfen dem engagierten Tafel-Chef nicht. Stattdessen hagelte es böswillige Unterstellungen, dass ausgerechnet ein Verein, der überwiegend Migranten Hilfe leistet, von Rassismus getrieben sei. Auch noch, als der Focus es mit seiner Meldung »Aufnahmestopp für Ausländer – Essener Tafel-Chef zeigt keine Reue« auf die Spitze trieb, entgegnete Sartor: »Ganz ehrlich? Ich lache mich kaputt über das ganze Theater.« Das Lachen ist dem Mann, der sich jahrelang in bürgerschaftlichem Engagement und ohne staatliche Hilfe der Nächstenliebe verpflichtet sah, schon längst im Halse stecken geblieben.

Entrüstungsorgie mit dem Potenzial der Verhetzung

Sartor musste – als sich der Mainstream und die durch ihn politisch Gelenkten am Thema festgebissen hatten – feststellen: »Jetzt haut ein Haufen von Politikern auf uns ein, ohne sich zu informieren. Die sollen sich mal herbewegen und vor Ort mitarbeiten – danach können sie sich gern äußern.« Der Aufforderung allerdings, sich ein Bild vor Ort zu verschaffen, ist keiner der Kritiker bislang gefolgt. Stattdessen lamentierte die geschäftsführende SPD Bundessozialministerin Katarina Barley medienwirksam: »Eine Gruppe pauschal auszuschließen, passt nicht zu den Grundwerten einer solidarischen Gesellschaft. Das fördert Vorurteile und Ausgrenzung.« Es müsse klar sein, dass Bedürftigkeit das Maß sei »und nicht der Pass«, so die Erklärung der SPD-Funktionärin.

Nordrhein Westfalens Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU) sprach von einem »falschen Weg«. Die Arbeit der Tafeln zeichne sich durch den Gedanken der Nächstenliebe und Barmherzigkeit aus. »Und Nächstenliebe und Barmherzigkeit kennen grundsätzlich keine Staatsangehörigkeiten«, so der CDU Politiker larmoyant. In die Entrüstungsorgie stieg mehr als bereitwillig auch Sawsan Chebli (SPD) ein. Die hoch umstrittene, bekennende Muslima – unter Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller (SPD) »Bevollmächtigte des Landes Berlin beim Bund und Beauftragte für Bürgerschaftliches Engagement« – fiel in der Vergangenheit mehrfach eher durch grenzwertige Aussagen denn durch Sachkenntnis auf. Unter Frank-Walter Steinmeier (SPD) war sie als erste Muslima im Auswärtigen Amt stellvertretende Ministeriumssprecherin, wo die Dame einige Male durch Uninformiertheit und Unwissenheit »brillierte«. Zum Thema »Essener Tafel« twitterte sie: »Mir läuft es eiskalt den Rücken hinunter. Essen nur für Deutsche. Migranten ausgeschlossen.« Und natürlich gab auch Angela Merkel ihren Senf dazu und rügte das Verhalten der Essener Tafel. Daraufhin konterte Deutschlands Tafel Chef, Jochen Brühl, goldrichtig: »Wir lassen uns nicht von der Kanzlerin rügen, denn die aktuelle Entwicklung ist eine Konsequenz ihrer Politik.« Karl Lauterbach (SPD), seit Jahren für die SPD bemüht, das deutsche Gesundheitssystem via Bürgerversicherung einzuebnen, schreibt auf Twitter im Chebli Stil: »Schade, Ausländerhass sogar bei den Ärmsten angekommen.«

»Schweinerei, Freiwillige zu diffamieren«

Die von Merkel, Chebli und Co. Bewusst verbreiteten »Fake News« mit dem Potenzial zur Spaltung der Gesellschaft zeigten dann auch umgehend »Erfolge«: In der Nacht zum 25. Februar 2018 wurde die Essener Tafel von Unbekannten angegriffen. Diese besprühten die Türen und Fahrzeuge der Essener Tafel mit in Antifa-Kreisen beliebten »Sinnsprüchen« wie »Fuck Nazis«. Jörg Sartor gab daraufhin bekannt, dass er die Schriftzüge vorerst nicht entfernen lassen werde. »Die Lkw sollen durch die Stadt fahren, das sollen alle sehen«, so der nun merklich angeschlagene Tafel-Chef gegenüber Bild. Nun scheint der 61-Jährige die aufgeheizte Stimmung – in verleumderischer Form durch Politiker und Medien erbarmungslos geschürt – nicht mehr auszuhalten. »Es hat mir hier immer Spaß gemacht. Aber ich habe keinen Bock mehr, man verliert einfach die Lust! Ich bin kurz davor, hinzuschmeißen«, so die Stimmungslage nach den jüngsten Entwicklungen. Er selbst könne mit den Angriffen leben, aber es sei »eine Schweinerei, unsere Freiwilligen zu diffamieren. Die Entscheidung der Essener Tafel, staatlich subventionierte Immigranten von der Lebensmittelausgabe auszunehmen, ist nicht die erste ihrer Art. Im Oktober 2015, als Deutschland durch hereinströmende Menschenmassen überflutet wurde, sah sich die Tafel im bayerischen Dachau ganz ähnlichen Diffamierungen ausgesetzt. Der bereits 2013 gefasste Beschluss, Berechtigungsscheine nicht mehr für Immigranten und Asylbewerber auszustellen, setzte ebenfalls eine Hetzkampagne gegen die ehrenamtlichen Tafelbetreiber in Gang. Bernhard Seidenath (CSU), der Kreisvorsitzende des Bayerischen Roten Kreuzes, dessen Organisation für die Dachauer Tafel zuständig ist, begründete die getroffene Entscheidung damit, dass die Asylbewerber Geld für Lebensmittel bekommen würden. Sie sollten in Deutschland lernen, wie man mit Geld umgeht. Es gehe ihm um die Vorbereitung dieser Menschen auf ein Leben auf eigenen Füßen, so Seidenath damals.

Die Leiterin der Dachauer Tafel, Edda Drittenpreis, verteidigt darüber hinaus den Entschluss mit dem Hinweis, dass das angebotene Essen von Asylbewerbern ja nicht akzeptiert werde. »Die wollen Couscous und Kichererbsen.« Man sei bereits dazu übergegangen, die Waren in Moslem und Nicht Moslem zu sortieren, um eben allen Religionen und Gruppen gerecht zu werden. Grüne und die SPD forderten sodann umgehend eine Rücknahme der Dachauer Entscheidung. Der tief im linkspolitischen bis linksextremistischen Milieu agierende Bayerische Flüchtlingsrat und Grüne unterstellen den Verantwortlichen einen »rassistischen Zungenschlag«.

Zunehmende Respektlosigkeit

Die Tafel in Wattenscheid stand zeitgleich vor ganz ähnlichen Problemen. Die Helfer beklagten zunehmende Anfeindungen und Respektlosigkeiten. Diese seien fast ausschließlich in den Reihen der Aussiedler aus Südosteuropa und in dem immer größer werdenden »Kundenstamm« der Flüchtlinge festzustellen. »Unsere Helfer werden aufs Übelste beleidigt und angepöbelt. Wir werden beschimpft, weil einige Bananen braune Flecken haben. Es wird gedrängelt, Alte und Kinder werden weggehauen«, so der Tafelgründer und Leiter der Wattenscheider Tafel. Der damalige traurige Höhepunkt: eine Körperverletzung, welche die betroffene iranischstämmige 1-Euro-Kraft gegenüber der WAZ-Gruppe mit den Worten schilderte: »Ich habe einem jungen Zuwanderer drei Äpfel gegeben. Als ich ihm sagte, dass die anderen Leute auch Äpfel wollen, schlug er mir brutal ins Gesicht.« Diese ständige Erniedrigung veranlassten damals rund 300 Ehrenamtliche, ihren Dienst bei der Tafel zu quittieren. Ob Dachau, Wattenscheid oder Essen – nur drei Beispiele dafür, wie Ehrenamtliche aus einem zivilbürgerlichen Engagement heraus versuchen, die Folgen einer komplett aus dem Ruder gelaufenen Asyl- und Sozialpolitik abzumildern, und dafür gemaßregelt, beschimpft und diffamiert werden.

Angst, als »Nazis« diffamiert zu werden

Anfang März griff der SWR die Situation der »Tafel« in Mainz auf. Dort sei die Welt noch in Ordnung. Was aus Sicht der Redaktion wohl heißt: Gleichbehandlung von Menschen mit oder ohne deutschen Pass. Doch bevor die Kamerateams mit den Dreharbeiten begannen, waren von den deutschen Bedürftigen ganz andere Sätze zu hören. Sie beschwerten sich über das unmögliche und rücksichtslose Verhalten der Nordafrikaner. Vor der Kamera wollten sie dies später allerdings nicht wiederholen. Aus Angst, sie würden als »Nazis« oder auf andere Weise beschimpft.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei Kopp Exklusiv.
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