Torsten Groß

Wird die Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten verschoben?

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Am 3. November soll in den USA die Wahl des US-Präsidenten stattfinden. Die Betonung liegt auf »soll«. Denn angesichts der auch in den Vereinigten Staaten grassierenden Coronavirus-Epidemie wird immer lauter die Frage gestellt, ob man die Wahl unter diesen Bedingungen überhaupt abhalten kann.

Nach Angaben Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind in den USA aktuell 42.164 mit COVID-19 infizierte Menschen registriert (Stand 25.03.2020). Die New York Times nennt aufgrund eigener Erhebungen sogar eine noch höhere Zahl. Die Dunkelziffer dürfte aber um ein Vielfaches höher sein, denn es gibt nach wie vor zu wenige Test-Kits, um Virusinfektionen überhaupt feststellen zu können. Laut WHO sind bislang 471 Menschen an dem neuartigen Coronavirus verstorben. Die New York Times beziffert die Zahl der Opfer auf 537.

Um die Ausbreitung der Pandemie einzudämmen, hat auch die US-Regierung strenge Richtlinien erlassen, um das Prinzip der »räumlichen Distanzierung« (social distancing) durchzusetzen.

In einzelnen Bundesstaaten wie Ohio sind deshalb die Vorwahlen abgesagt worden, bei denen die Parteien ihre Präsidentschaftskandidaten bestimmen. Georgia, Kentucky, Louisiana und Maryland haben die Parteivorwahlen um mindestens einen Monat verschoben.

Beobachter halten es für zunehmend wahrscheinlich, dass wegen der Pandemie auch die Präsidentschaftswahl Ende des Jahres nicht termingerecht wird stattfinden können. Denn Pandemien treten üblicherweise in Wellen auf.

Nach einem ersten Peak, auf den die USA voraussichtlich im Mai zusteuern werden, kommt nach einer vorübergehenden Abflachung der Infektionswelle im Sommer zu einer zweiten, noch schwerer verlaufenden Welle. Ein solcher epidemischer Verlauf war bei der Spanischen Grippe des Jahres 2018 zu beobachten, der, gemessen an der Zahl der Toten bislang größte Pandemie der Menschheitsgeschichte mit bis zu 50 Millionen Opfern. Sollte sich diese Entwicklung in den Vereinigten Staaten wiederholen, könnte die zweite Erkrankungswelle ihren Höhepunkt gegen Ende des Jahres erreichen, just zu dem Zeitpunkt also, da die Präsidentschaftswahl beginnen soll. Würde man in dieser Situation Millionen von Bürgern an die Wahlurnen rufen, dürften unzählige Neuansteckungen die Folge sein, was die Krise erheblich verschärfen und das US-Gesundheitswesen überlasten könnte.

Was aber sind die Alternativen? Könnte der amtierende Präsident Donald Trump die Wahlen einfach absagen? Nein, dazu wäre Trump nicht befugt, so die einhellige Auffassung von Juristen und Wahlbeamten.

Donald Trump und sein Vizepräsident Mike Pence könnten auch nicht im Amt bleiben, sollte die fällige Neuwahl tatsächlichen verschoben werden.

Denn der 20. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten legt die Amtsperiode des Präsidenten und seines Stellvertreters verbindlich fest. Sie endet »at noon on the 20th day of January«, im vorliegenden Fall also am 20. Januar 2021.

Sollte bis zu diesem Termin kein neuer Präsident gewählt worden sein, dann müsste der Kongress bestimmen, wer die Amtsgeschäfte interimsweise übernehmen soll, oder ein Verfahren festlegen, wie diese Person zu ermitteln ist. Bei dieser Person könnte es sich aber weder um Trump noch um Pence handeln, die nur bei ihrer Wiederwahl im Weißen Haus bleiben dürften.

Im Übrigen könnte der Kongress die Wahl nur um wenige Wochen verschieben, weil er ansonsten in Konflikt mit den Bestimmungen der US-Verfassung geriete. Anders als bei den Vorwahlen hätten auch die Einzelstaaten nicht das Recht, den Termin der Präsidentschaftswahl auf ihrem Territorium zu ändern, um so einer möglichen zweiten Corona-Infektionswelle Rechnung zu tragen. Sie hätten aber die Möglichkeit, anstelle der Urnenwahl eine Briefwahl zu erlauben, um den Bürgern den Gang ins Wahllokal und das damit verbundene Ansteckungsrisiko zu ersparen.

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13 US-Bundesstaaten haben bereits signalisiert, von dieser Möglichkeit Gebrauch machen zu wollen. Der US-Senat könnte die Briefwahl auf alle Staaten ausweiten. Allerdings ist derzeit nicht absehbar, dass ein entsprechendes Gesetz die erforderliche Mehrheit in der zweiten Kammer des US-Kongresses finden wird.

Man darf gespannt sein, wie der amerikanische Gesetzgeber die Wahl des US-Präsidenten in dieser historischen Ausnahmesituation im Einklang mit der Verfassung über die Bühne bringt, ohne das Leben und die Gesundheit der Bürger zu gefährden!

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Donnerstag, 26.03.2020