Torsten Groß

Niedrigzinspolitik: Droht der Riester-Rente das Aus?

dpa123243457_schild_altersarmut_ruhestand

Die jahrelange Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank, die das allgemeine Zinsniveau im Euro-Raum auf null gedrückt hat, schlägt nun voll auf die Versicherungsbranche durch. Nach dem Willen der Bundesregierung soll der sog. Garantiezins, in der Fachsprache als »Höchstrechnungszins« bezeichnet, ab dem 1. Januar 2022 von heute 0,90 Prozent im Jahr auf nur noch 0,25 Prozent sinken. Das sieht der Entwurf einer Verordnung des Bundesfinanzministeriums vor, der sich bereits in der Ressortabstimmung befindet. Von der Zinssenkung betroffen wären allerdings nur Neuverträge. Besitzer alter Policen kämen weiter in den Genuss eines (höheren) Garantiezinses, der bei Abschluss ihres Vertrages galt. In der Spitze waren das vier Prozent. Das Neukundengeschäft der Versicherer dürfte dagegen bei einem deutlich reduzierten Garantiezins einbrechen. Denn die Rendite von Lebensversicherungen, die jahrzehntelang als sichere Altersvorsorge gepriesen wurden, werden aus Sicht der Verbraucher immer unattraktiver.

Noch gravierender werden die Folgen eines gesenkten Garantiezinses für die staatlich geförderte Riesterrente sein. Denn bei dieser Form der privaten Altersabsicherung müssen die vom Versicherten eingezahlten Beiträge nebst Zulagen der öffentlichen Hand von den Anbietern – in erster Linie Versicherungsgesellschaften, aber auch Banken – zu 100 Prozent garantiert werden. So steht es im einschlägigen Altervermögensgesetz (AVmG). Doch diese Vorgabe bringt die Versicherer in die Bredouille. Denn wenn die nur mit einem Zins von 0,25 Prozent kalkulieren dürfen, werden sie kaum noch in der Lage sein, ihre Kosten für Vertrieb und Verwaltung zu erwirtschaften, die bis zu 10 Prozent der Beitragszahlungen ihrer Kunden ausmachen.

Die meisten Anbieter werden deshalb das Geschäft aufgeben müssen, weil es sich nicht mehr rechnet. Auch für die Sparer wird das »Riestern« angesichts der mageren Rendite immer unattraktiver. Es besteht deshalb die reale Gefahr, dass die vor knapp 20 Jahren eingeführte Riester-Rente still und leise beerdigt wird, sollten die gesetzlichen Vorgaben nicht angepasst werden, was die Branche schon seit geraumer Zeit vehement fordert. Man will, dass die Beitragsgarantie auf 80 Prozent reduziert wird, was bedeuten würde, dass Riester-Sparer am Ende bis zu 20 Prozent weniger an Rente erhalten könnten, als sie in der Ansparphase eingezahlt haben – jedenfalls dann, wenn die EZB ihre Niedrigzinspolitik fortsetzt, wovon auszugehen ist.

Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) argumentiert, dass eine verringerte Garantieleistung ihren Mitgliedsunternehmen die Möglichkeit eröffnen würde, am Kapitalmarkt in risikoreichere Anlageformen zu investieren, die bessere Erträge abwerfen. Die Riester-Sparer könnten sich dann über mehr Renditen und die Versicherer über höhere Überschüsse freuen. Verbraucherschützer sind strikt gegen solche Pläne und fordern die Anbieter stattdessen auf, ihre Kosten zu senken.

Anders als vom GDV gewünscht dürfte der Gesetzgeber in der laufenden Legislaturperiode aber kaum noch aktiv werden. Denn in sechs Monaten findet bekanntlich die Bundestagswahl statt. Danach werden die politischen Karten in Deutschland neu gemischt.

Der Riester-Rente könnte also tatsächlich das Aus drohen. Zwar stagniert der Absatz von Riester-Produkten schon seit Jahren. Dennoch wäre der vollständige Rückzug aus diesem Geschäftsfeld eine schwere Niederlage insbesondere für die Versicherungsgesellschaften.

Das gilt umso mehr, als das Scheitern von Riester den Befürwortern einer neuen Form der staatlich organisierten, privaten Zusatzversorgung auf Kapitaldeckungsbasis Auftrieb verleihen würde, die nicht nur transparenter wäre, sondern auch eine höhere Rendite verspräche: Die Deutschland-Rente.

Vorbild für dieses Konzept ist der norwegische Staatsfonds, der seit seiner Gründung im Jahre 1997 über fünf Prozent p.a. erwirtschaftet hat. Das ist neben den im Vergleich zu klassischen Versicherungsprodukten geringen Kosten vor allem auf die hohe Aktienquote im Fondsvermögen zurückzuführen. Denn auf lange Sicht werfen Aktien – bei ausreichender Diversifikation des Portfolios – deutlich höhere Erträge ab als festverzinsliche Wertpapiere, in die Versicherungen auch aufgrund gesetzlicher Vorschriften vorrangig investieren.

Fazit: Die Niedrigzinsen dürften dem Riester-Modell den Garaus machen. Ob stattdessen die Deutschland-Rente kommen wird, bleibt abzuwarten. Denn es ist nicht auszuschließen, dass dieser kluge Vorschlag am Ende von Besitzstandswahrern der deutschen Sozialstaatsbürokratie zerredet wird!

» Texte vom Autor und viele weitere Nachrichten jetzt auch auf Telegram: KOPP Report.

Bestellinformationen:

» Markus Miller: Finanzielle Selbstverteidigung, 250 Seiten, 19,99 Euro – hier bestellen!

» Bodo Schäfer: Rente oder Wohlstand, Taschenbuch, 180 Seiten, 9,97 Euro – hier bestellen!

» Gerhard Spannbauer: Perfekte Krisenvorsorge, 264 Seiten, 19,95 Euro 9,99 Euro – hier bestellen!

Jetzt wieder vorrätig: Nährstoffreiche Langzeitlebensmittel für die zur Krisenvorsorge

Donnerstag, 01.04.2021